, Zeugenbericht

Erik Altorfer

 1.   Warum engagierst du dich für TESORO?
Ich habe keine Wahl. Weil es dringend ist, dass die historische und politische Vergangenheit des Landes, in dem ich lebe und immer alle Bürgerrechte hatte, aufgearbeitet wird. Weil es zu einfach ist, Menschenrechtsverletzungen in anderen Ländern und Kontinenten zu benennen und diese im eigenen Land zu verschweigen. Weil mich das Branding der Schweiz als Land mit humanitärer Tradition irritiert, eine kanonisierte wohlfeile Selbstüberschätzung.  

2.   Welche persönlichen Erfahrungen verbindest du mit den Anliegen von TESORO?
Die Familie meiner Frau und viele Familien aus unserem Bekanntenkreis waren vom Saisonnierstatut betroffen. Ich verbinde damit das Schweigen der Betroffenen und das Schweigen der Nicht-Betroffenen. Und diesem Schweigen versuche ich das Unmögliche, ich stelle mir unter grosser Anstrengung und Schmerzen vor, wie das für meine Eltern und mich gewesen wäre, wenn wir nicht hätten zusammenleben dürfen, wenn statt meiner Freunde die Fremdenpolizei an der Tür geklingelt hätte ... wie hätten meine Eltern ihre Freizeit verbracht, allein, ohne ihre Kinder ... worüber hätten sie beim Abendessen gesprochen ... wären sie auch ohne mich wandern, skifahren gegangen ... wie würden unsere Familienfotos aussehen? 

3.   Was wünschst du dir für die zukünftigen Generationen?
Dass durch die Entschuldigung der offiziellen Schweiz an die Betroffenen und die Aufarbeitung „dieser Sache“, wie meine Schwiegermutter die Trennung der hunderttausenden Familien nennt, das Menschenrecht der Einheit der Familie nicht länger verletzt wird – und dass die Aufarbeitung alle Menschen in der Schweiz, egal welcher Herkunft, jetzt und zukünftig inkludiert. Und, dass Gesetze überall humanistischen und nicht wirtschaftlichen Kriterien folgen, dass Arbeitsgesetze die Menschen hinter der Arbeit erkennen und dass Asylgesetze wieder ihren Namen verdienen.